Es ist nicht nur ein Rezept unter Tausenden wie für Blätterteig oder marinierte Steaks. Die Erfahrung, daß mit nichts als Mehl, Salz und Wasser das schmackhafteste, haltbarste und bekömmlichste Nahrungsmittel hergestellt werden kann, hat sich in allen Religionen unserer Erdhälfte niedergeschlagen. Wir beten um das tägliche Brot, wir brechen es mit dem Fremden, wir danken unserem Schöpfer für seine Gabe, und viele Hobby-Brotbäcker schreiben mit Zärtlichkeit über die unsichtbaren Lebewesen, die uns die Herstellung von Sauerteigbrot möglich machen. Man könnte in's Nachdenken kommen ...
Vorbemerkung
Wer sich zum erstenmal mit dem Backen eines Sauerteigbrotes
beschäftigt, dem
kommt das Verfahren kompliziert vor.
Der Leser verlasse sich darauf, bei mir ist die Herstellung eines
Sauerteigbrotes Alltagsroutine und nimmt nicht mehr Zeit in Anspruch,
als
wenn ich extra ein Brot kaufen fahre. Im Kühlschrank ist ein
Teigrest von ca.
120 Gramm gut verschlossen, der Monate unbeachtet überstehen
kann; er wird
mit Leitungswasser und erst je 1 Müslischale voll Weizen- und
Roggenmehl
angerührt, 8 Std. später mit je 2 weiteren
Müslischalen Mehl; der Sauerteig
für's nächstemal wird abgenommen und der Hauptmasse 1
Teelöffel Salz sowie 1
Esslöffel Brotgewürz hinzugegeben; 8 Std.
später wird daraus ein frisches,
duftendes Brot gebacken, fertig.
1.) Backrezept für ein Mischbrot, alle Angaben "circa"
Frisch gemahlenes Korn (von Alnatura erhältlich in DM-Drogeriemärkten, HIT usw.) ist gesünder, denn wenn gemahlenes Mehl in den Handel kommt, müssen die wertvollen organischen Bestandteile (Keimhäutchen) vorher großenteils entfernt werden, damit es nicht verdirbt, während das ganze Korn ewig hält. Man mahle sehr fein, sonst geht der Teig nicht auf.
Tue das Mehl in eine
Schüssel. Mache eine Mulde in die Mitte. Tue "Starter" hinein,
s.u. Rühre nach und nach handwarmes Wasser in die Mulde mit
einem Kochlöffel ein. Roggen- zu Weizenmehl zu
Wasser soll das Verhältnis 30:30:40 haben, also z.B. zu 900
gr. Mehl ca. 600 gr = 0,6 ltr. Wasser bereitstellen.
Nach dem Backen und Austrocknen verliert die Masse an Gewicht: Mehl zu
Wasser
bleibt wie 30:30:20, d.h. aus 1500 Gramm angerührten Teiges,
bestehend aus
900 Gramm Mehl und 600 Gramm Wasser, wird ein Brot von 1200 Gramm.
Die Benutzung eines metallenen Löffels, etwa um den Teig vom
Kochlöffel
loszukratzen oder zum Abnehmen des Sauerteiges für das
nächstemal, ist
unschädlich, aber zum Rühren ist das Blech zu
schwach. Verknete Wasser, Mehl
und "Starter".
Nimm einen Esslöffel des Teiges für das
nächstemal als "Starter" ab und bewahre ihn
verschlossen im Kühlschrank auf.
Füge dann Gewürze wie Kümmel, auch
Koriander, Anis, Fenchel hinzu und ggf.
kleine Speckwürfel oder Sonstiges nach Belieben, sowie einen
schwach
gehäuften Teelöffel Salz. Verrühre und
verknete das Ganze mit dem Kochlöffel
oder den Knethaken eines Elektromixers. Der Teig soll ideal sein, wenn
er
sich papierdünn ausziehen lässt. Tue den Teig in eine
eingefettete Brotform.
Tue gegen Austrocknung eine Haube oder die ausgewaschene, umgedrehte
Rührschüssel, darüber ein
Handtuch, über die Backform und stelle den
Teig je nach Reife des Starters vier bis zehn Stunden an einen warmen
Ort (z.B. Heizkissen auf halber
Stufe im Küchenunterschrank), bis er aufgeht und die ganze
Form ausfüllt.
Pinsele die Oberfläche vorsichtig mit Wasser ein (nicht
einschneiden, nicht
verletzen) und streue ggf. noch etwas Gewürz obendrauf. Stelle
die Form
zusammen mit einem kl. Glas Wasser in den Herd, bei vorgeheizter
Heissluft
z.B. zehn Minuten bei 220 Grad und dann eine Dreiviertel Stunde bei 190
Grad.
Tipps: Nach dem Herausnehmen drehe das
Brot mit der von der Form
her noch feuchten Unterseite nach oben und lasse es ruhig einen halben
Tag
austrocknen, wenn Du Dich mit dem Anschneiden des herrlich duftenden
Endproduktes so lange beherrschen kannst. Einer der Vorteile
von
Sauerteigbrot ist übrigens, daß es nicht nur
äusserst bekömmlich, sondern
auch sehr lange haltbar ist.
Sauerteig kann man
leicht und billig
heranziehen und immer wiederbeleben. Gekaufter Teig hingegen ist zu
teuer und
nur zur Beimischung zwecks geschmacklicher Verbesserung geeignet.
Grundsätzlich handelt es sich um einen aus
Roggenmehl(-mischung) und Wasser
gebildeten symbiotischen Lebensraum für Hefepilze und
Milchsäurebakterien (zu denen z.B. die Kefir-bildenden Arten
Streptococcus lactis und Streptococcus cremoris gehören -
nicht alles, was mit "Strepto" anfängt, ist also
schädlich!), die schon im Roggenkorn vorhanden waren.
Deutschland gehört wie San Franzisko
und der Vordere Orient zu den vielbeneideten Gegenden, in denen sich
spontan
ein guter Sauerteig aus den Grundstoffen entwickelt.
Hierzu wird einfach ein gehäufter Esslöffel
Roggenmehl und die halbe Menge
Weizenmehl mit handwarmem Wasser etwas flüssiger als zum
Backen angerührt und
zugedeckt an einen warmen Ort gestellt.
Alle zwölf Stunden wird unverdrossen nochmal so viel Mehl und
Wasser hinzugefügt, egal ob die
Masse Eigenleben zeigt, um die Menge zu verdoppeln. Nach der zweiten
oder dritten Fütterung auf diese Art sollte die Masse schon
vereinzelte Blasen werfen. Wenn ein gesunder, blubbernder Sauerteig auf
sich warten lässt, vielleicht weil man seinen "Starter" hat
übersäuern und verhungern lassen, will man aber
vielleicht vor dem Verdoppeln einen Teil der Masse zur
späteren Verwertung beim Backen beiseitetun, damit man nicht
in geometrischer Folge 2,4,8,16, ... Löffel Mehl hinzutun und
große Mengen verbrauchen muss.
In diesem Stadium ernähren sich die Kleinlebewesen von dem
Mehl und haben
sich bereits exponentiell stark vermehrt. Nach teilweisem Verbrauch der
Nährstoffe gewinnt die Säurebildung die Oberhand
über die Gasentwicklung (womit aber auch die Lebewesen
beginnen, abzusterben).
Jetzt hat man einen lebendigen, gesunden "Starter". Hat man bereits
einmal
Brot gebacken und etwas Teig als "Starter" im Kühlschrank
aufbewahrt,
erreicht man dieses Stadium durch Vermischen mit genügend
handwarmem Wasser und
einmaliges "Füttern". Der "Starter" ist voll entwickelt, wenn
er durch die Bläschen aussieht wie ein Schwamm und einen
säuerlichen Geruch von sich gibt.
Warum geht mein Teig nicht auf? Zu wenig
Wasserzugabe, zu lange auf das "Füttern" warten lassen, zu
feucht (Entwicklung und Säurebildung geht weiter) in den
Kühlschrank gestellt. Zur Aufbewahrung möglichst
trocken kneten ("Krümelsauer").
Es gibt keine festen Zeit- und Mengenangaben. Man
traue Augen und Nase. Auch der Anfänger wird es mit Sicherheit
erkennen, wenn
sein Sauerteigansatz das Stadium der Verarbeitung erreicht hat. Ist
dieses
Stadium noch nicht erreicht, wartet man nicht einfach ab, sondern hilft
durch
Füttern wie oben beschrieben. Riecht der Starter
kräftig säuerlich, ist es
Zeit, ihn wieder zu füttern, falls die Menge noch nicht die
ca. 120 Gramm,
die man zum Backen braucht, erreicht hat.
Tipp: Ein frisch gebackenes Sauerteigbrot, gut
aufgegangen, ist ein
phantastisches Mitbringsel.
Noch'n Tipp, wer ein bisschen Vollkorn(-schrot) unter seinen Teig
bringen
will, sollte mal auf http://www.top-getreidemuehlen.de/index.html
stöbern!
Newsgruppe:
rec.food.sourdough
Hier findet man auf hunderten Seiten alles:
FAQ
(englisch)
des "Sauerteigpapstes "Darrell Greenwood"
Weitere
Rezeptseite im
Netz
http://rolfrost.de/roggenbrot.html
Luxus-Seite mit Bildern und einem Diagramm zur verständlichen
Anleitung für das Backen
Anleitung zur Herstellung von Frischkäse aus Rohmilch mit Hilfe von Bakterien aus Sauerteig: http://rolfrost.de/frischkaese.html
4.) Kleines Beispiel zur Ermutigung: